• BEHIND THE BEAT Producer Podcast

    #38 mit Youngr – Harte Arbeit zahlt sich aus

    Im Behind the Beat-Podcast bittet Tobias Fischer spannende Produzenten zum Tiefen-Gespräch. Diese Folge dreht sich um den Multi-Instrumentalisten Youngr, der für sein neues Album eine radikale Live-Produktions-Philosophie gegen eine stringente Detailarbeit eintauschte.

    Sich einzuschränken klingt nicht gerade nach Spaß. Trotzdem sind die meisten von uns darauf angewiesen: Um sich beim Produzieren nicht zu verlieren und damit angefangene Stücke fertig werden, zum Beispiel. Bei Dario Darnell alias Youngr aber schmelzen sämtliche Kategorien, Limitierungen und Trennlinien dahin.

    Dabei wollte Dario einfach nur spielen. Jahrelang entwickelte er seine Talente als Musiker in unzähligen Bands, lebte vor allem seine Leidenschaft für den Alternative Rock, Crossover und Nu Metal der 90er aus. Die pure Energie und Klangforschung, die er in Songs von Radiohead, Korn, Limp Bizkit oder den Smashing Pumpkins hörte, entfachte seine Leidenschaft, die Nähe aller dieser Bands zu Elektronik und Hip-Hop brachte ihn zum Schlagzeug. So lag der Schritt zum Dancefloor irgendwann nahe.

    Wer Youngr bei seinen live eingespielten Studio-Sessions zuschaut, in denen er auf verschiedenen Instrumenten ein komplettes Arrangement im Loopverfahren hervorzaubert, erkennt sofort, dass sich hier pure Freude und ein kompletter Fokus auf den Song verbinden. Der Record-Knopf ist stets gedrückt, es wird nicht gejammt, sondern live komponiert. Man kann die Spannung spüren, das Risiko zu scheitern.

    So verschwimmen bei Youngr die Grenzen zwischen Rock und Dance, zwischen denen eines Performers und eines Produzenten. Gleiches gilt für seine Tendenz, sich nicht notwendigerweise zwischen Cover-Version oder Original zu entscheiden, sondern das spannende Feld zwischen den beiden Polen auszuloten. “Sampling auf Songwriterebene” könnte man das nennen.

    Detailarbeit gehört nicht zu Darios liebsten Beschäftigungen. Für sein neues Album “Let the Music Guide Us” hat er sich aber genau das zum Ziel gesetzt und jeden Beat, jeden Sound unter Mikroskop und Skalpell gelegt. Das klingt nach harter Arbeit – hat sich aber ausgezahlt, wir er uns im Interview erzählt..

    #37 mit Hainbach – Musik, die Bilder schöner macht

    Im Behind the Beat-Podcast bittet Tobias Fischer spannende Produzenten zum Tiefen-Gespräch. Diese Folge dreht sich um den Klangtüftler Hainbach, der für die stimmungsvolle Doku “The One Who Runs Away Is The Ghost” einen traumhaften Soundtrack geschrieben hat.

    Für das Auge sind die Dinge einfach: Große Dinge werfen große Schatten. In der Welt des Ohrs jedoch gelten andere Gesetze. Hier können winzige Klangquellen gewaltige Geräusche produzieren. Das ist die Welt Stefan Paul Goetschs, den die meisten unter seinem Künstlernamen Hainbachs kennen.

    Obwohl Stefan sich inzwischen schon ein halbes Leben lang mit der Thematik beschäftigt, hat sie für ihn bis heute nichts von ihrer Faszination verloren: Laute und leise Klänge, brutale und süße Klänge, erkennbare und geheimnisvolle Klänge, alte und neue Klänge, einfache und komplexe Klänge – in der Musik von Hainbach haben sie alle ihren Platz. Das gilt auch für die Instrumente, Tools und Objekte, mit denen er diese Klänge erzeugt und manipuliert, sie einfängt und wieder freisetzt. Stefans liebevoll-spielerischen Forschungen bilden den Rahmen für seinen Kosmos aus Soundscapes, eigenen Plug-Ins und Kompositionen.

    Immer wieder erhält Hainbach auch Einladungen zum Komponieren von Filmmusik. Das mag nicht ganz offensichtlich erscheinen, da diese Musik nicht die typischen Charakteristiken aufweist, die gemeinhin als “cinematisch” empfunden werden. Auf seinem aktuellen Score für die Dokumentation “The One Who Runs Away Is The Ghost” sind die Gefühle groß, aber die akustische Kulisse intim; wellenförmige Muster entstehen aus luftigen Tönen, rhythmisch-melodische Wolken segeln schwerelos am geistigen Auge vorbei. Dies ist Musik, die die Bilder schöner macht. Es ist Musik, die Geschichten erzählt, welche die Kamera nur andeuten kann.

    Wer einmal gesehen hat, wie tief Stefan für solche Projekte in den Dialog zwischen Bild und Klang eintaucht, wird verstehen, warum seine Stücke trotz ihrer scheinbaren Leichtigkeit auch abseits des Kinos zu fesseln verstehen, warum jeder scheinbar zufällig platzierter Tupfer genau dort erklingt, wo er erklingt: Weil hinter jedem Sound eine Bedeutung steckt.

    #36 mit Toby Gad & Axel Cooper

    Im Behind the Beat-Podcast bittet Tobias Fischer spannende Produzenten zum Tiefen-Gespräch. Diese Folge dreht sich um Songwriting-Ikone Toby Gad, der mit Axel Cooper den Hit “Little Do You Know” neu aufbereitet hat.

    Es gab eine Zeit, da wollte nahezu jeder, der im Musik-Business etwas auf sich hielt, mit Toby Gad zusammenarbeiten. Zwischen 2007 und 2013 gelang Gad das Kunststück, mit 14 Songs in den amerikanischen Billboard 100 zu landen, darunter vier mal in den Top 10 und zwei Mal auf der Pole-Position. Gad produzierte Madonna und Beyonce, bescherte John Legend seine erste Nummer 1 und Fergie von den Black Eyed Peas ihren Durchbruch als Solo-Künstlerin.

    Gad hatte hart auf diesen Erfolg hingearbeitet. Und als er da war, arbeitete er noch härter. Bis er irgendwann seine körperliche Grenze erreicht hatte. Doch erreichte die selbstauferlegte Auszeit schon bald ein natürliches Ende – für Toby ist das Komponieren schlicht so essentiell wie Atmen, Essen und Trinken. Seine Rückkehr hat ihn gerade in Deutschland nun auch als Autoren (“All of Me”) und DSDS-Juroren bekannt gemacht.

    Man kann also davon ausgehen, dass Gad sich trotz seiner langen Abwesenheit wieder frei aussuchen kann, mit wem er kollaborieren will. Immer wieder pickt er sich dafür Künstler am Anfang ihrer Karriere heraus, sucht den Reiz im Unbekannten, in der Überraschung. So auch bei seiner Entscheidung für den jungen italienischen Kollegen Axel Cooper mit seinem harten, melodischem Club-Stil.

    Eine ungleiche Paarung? Vielleicht. Aber auch: Ein Gipfel der Generationen – und die Basis für ein spannendes Gespräch über die Kunst des Songwritings und Remixens.

    #35 mit Dave Clarke

    Im Behind the Beat-Podcast bittet Tobias Fischer spannende Produzenten zum Tiefen-Gespräch. Diese Folge dreht sich um Techno-Ikone Dave Clarke, dessen frühe Red-Trilogie den Kern eines aufwendigen Box-Sets bildet.

    Zwischen 1989 und 1995 veröffentlichte Dave Clarke unter verschiedenen Pseudoynem 14 EPs. Sie zeichnen das Bild eines Künstlers auf der Suche: nach neuen musikalischen Ufern, nach zunehmend packenderen Produktionen Vor allem aber war es eine Suche nach sich selbst.

    Die Red-Trilogie bildete den Abschluss dieser Phase. Auf drei EPs etablierte sich Clarke endgültig als einer der führenden Techno-Produzenten seiner Generation. Keine davon gehorcht den Gesetzen einfacher Kategorisierung: Auf “Red 1” stellt er minimalistische Detroit-Sounds den Broken-Beats und Rave-Bässen der UK-Szene gegenüber. Das längst klassische “Wisdom to the Wise” frönt dubbigen Klängen mit eindeutigen Parallelen zu der gleichzeitig aufkeimenden Basic-Channel-Ästhetik. Auf “Red 3” schließlich hämmert die Bassdrum so hart wie auf einer rotterdammer Gabba-Party. Clarke hatte seine Stimme gefunden – und sprach plötzlich fließend in gleich mehreren Sprachen gleichzeitig.

    Zusammen mit dem 1995er Album “Archive One”, gesammelten Remixen aus den 90ern und einigen neuen erscheint die Trilogie nun erneut auf Vinyl. Zusammen mit uns blickt Dave zurück – ohne dabei die Zukunft aus den Augen zu verlieren.

    #34 mit Enyang Urbiks

    Im Behind The Beat Podcast bittet Tobias Fischer spannende Produzenten zum Tiefen-Gespräch. Diese Folge dreht sich um Enyang Urbiks, die in ihrem Berliner Mastering-Studio die Kunst des genauen Zuhörens zelebriert.

    Für manche ist Mastering eine Art schwarze Magie. Für andere ist es schlicht einer der wenigen verbliebenen Jobs in der Musikindustrie, mit dem sich noch ein nennenswertes Einkommen generieren lässt. Für Enyang Urbiks hingegen ist es eine lebenslange Leidenschaft, eine Kunst in sich und integraler Bestandteil des kreativen Prozesses.

    Für unser Gespräch hat mich Enyang in das Urbiks Studio eingeladen, eine holzgetäfelte Oase im Berliner Funkhaus-Komplex. Das Equipment, welches hier zum Einsatz kommt, wurde ursprünglich für die Kollegin Heba Kadry (Björk, Ryuichi Sakamoto) konzipiert und Enyang und ihr Partner Jan haben es in die atemberaubenden, eleganten Elemente des belgischen Unternehmens Northward Systems eingebettet. Während Enyang in der Küche einen wunderbaren Tee kocht baue ich in der intensiven Ruhe des Kontrollraums meine Geräte auf – man kann sich sehr gut vorstellen, hier viele intensive Stunden in höchster Konzentration zu verbringen. Genau das tut sie auch und hat sich ein bemerkenswert vielfältiges Portfolio aufgebaut.

    Für Enyang geht es beim Mastering vor allem um das Herstellen einer gewissen Stabilität, das Gefühl, dass jedes Element auf der genau richtigen Frequenz schwingt. Das mag esoterisch klingen, ist aber eine in einer langen, täglichen Praxis verwurzelt. Die harte Arbeit hat sich ausgezahlt und heute verlassen sich KünstlerInnen der unterschiedlichsten Stilrichtungen auf ihren Geschmack, ihr Gefühl und vor allem auch ihre Einfühlsamkeit. Darunter beispielsweise die venezolanische Klangkünstlerin Arca, die ihre inzwischen legendäre “Kick”-Trilogie von Enyang betreuen ließen.

    Viele kommen für Nachfolgeprojekte wieder zurück. Und das, obwohl KI inzwischen durchaus brauchbare Ergebnisse zu weitaus geringeren Kosten bietet. Der Grund ist einfach: Gutes Mastering ist weder schwarze Magie noch kann es einfach nur ein Job sein. Es ist ein gemeinschaftlicher Prozess, der aus einem persönlichen Produkt die unversalen Resonanzen herauskitzelt.